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Singende Dünen im Oman – Das Geheimnis der Wüste
Singende Dünen gibt es in fast allen Wüsten der Erde. Über das Geheimnis der singenden Dünen im Oman schreibt Jerome Blösser.
Jetzt, wenn die Sonne gut eine Handbreit über dem Horizont steht, belohnt einen die Wüste für die Tagesmühen. Es ist bestes Licht, welches die Landschaft in warme Farben tunkt und der Schattenwurf weiche, fast erotische, Formen in den Sand zaubert… Ich habe schon tausende Fotos in der Wüste geschossen und bin auch auf dieser Wüstenreise wieder mit der Kamera unterwegs, denn es finden sich immer neue Motive. Die Farben und Formen der Dünen sind nie gleich. So fülle ich die Speicherkarte mit Sandstrukturen, Makroaufnahmen und Panoramabildern vom weiten Horizont. Doch heute möchte ich über etwas anderes berichten: Singender Sand in der Wüste!
Singender Sand in Omans Wüste
Obwohl es hier nur Sand gibt, entdecke ich darin Schritt für Schritt eine große Vielfalt. Und hin und wieder überrascht einen die Wüste dann mit etwas ganz Besonderem. Singende Dünen zum Beispiel. Es gibt sie in fast allen Wüsten der Erde, so auch in der Rub al-Khali. Die Entdeckung einer singenden Düne ist aber wie ein kleiner Lottogewinn, da ja nicht alle von den hunderttausenden Dünen Töne von sich geben. Es gibt zwei verschiedene Arten von singenden Dünen: Die einen singen wie von Geisterhand. Man muss nicht einmal auf die Düne hinaufsteigen, das „Konzert“ erledigt der Wind für einen. Diese Dünengesänge klingen oft gespenstisch und wenn man in der Nähe campiert, können viele nicht schlafen weil die ganze Nacht Geisterstundenstimmung ist. Die meisten singenden Dünen fangen aber erst an zu tönen, wenn man an ihrer weichen, windabgewandten Leeseite hinunterstapft. In beiden Fällen wird das Phänomen durch herabfließende Sandmassen ausgelöst. Französische Wissenschaftler haben das Phänomen untersucht und erklären es so, dass Sanddünen aus vielen hundert Schichten bestehen, und wenn diese nach und nach abgleiten, bauen sich zwischen den Schichten Luftpolster auf. Durch die gestaute Luft entstehen Schwingungen und dadurch ein hörbarer Ton. Die Frequenz ist dabei von der Korngröße abhängig. Soweit die Theorie.
Vor mir liegt eine massive Sandwand. Dort direkt hochzuklettern wäre verrückt. Also gehe ich lieber den kleinen Umweg kräftesparend über den Grat hinauf zum Dünengipfel. Auf der Rückseite findet sich dann ebenso eine steile Sandwand, nur mit dem Vorteil, dass ich da hinunter darf. Also will ich einmal das Kind im Manne herauslassen: Talwärts kann der Sand ja nicht weich genug sein und ich springe wie ein Verrückter in kürzester Zeit in großen Sätzen von ganz oben hinab. Unten angekommen eine kurze Verschnaufpause. Stille. Dann höre ich ein Geräusch. Was ist das? Es ist ein Dröhnen, wie von einem alten schweren Propellerflugzeug oder erinnert vielleicht ein wenig an ein Didgeridoo. Ich schaue zum Himmel. Kein Flugzeug ist zu sehen. Das Brummen wird lauter, es baut sich regelrecht auf. So etwas habe ich noch nie erlebt. Es muss die Düne sein! Alle anderen singenden Dünen, die ich bislang kannte, brummten nur wenn ich hinunterstieg aber verstummten unmittelbar danach. Diese hier singt und singt… Dann allmählich erst wird es leiser. Wow! Das muss ich genauer untersuchen. Also nochmal über den seitlichen Grat auf die Düne hoch. Dem neugierigen Menschen ist halt kein Weg zu schwer… Jetzt springe ich die Dünenflanke aber nicht hinab, sondern versuche, soviel Sandmasse wie möglich loszutreten. Und es lohnt sich! Kaum bin ich unten angekommen, nimmt das Brummen enorme Ausmaße an. Ich stoppe die Uhr, mal schauen, wie lange es diesmal geht. Nach mehr als zwei Minuten lässt das Geräusch erst nach.
Die Sonnenscheibe berührt gerade den Horizont und ich sollte langsam den Rückweg antreten, um mit dem letzten Tageslicht zurück zum Camp zu finden. An manchen Tagen ist genau in diesem Moment, um den Sonnenuntergang herum, plötzlich die sogenannte blaue Stunde da. Dann ist die Wüste in ein magisches, blau-violettes Licht gefärbt, was sie noch surrealer erscheinen lässt. Solch einen besonderen Moment darf ich jetzt auch noch erleben. Wie soll man bloß so viel Schönheit verarbeiten?!
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