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Sicherheit auf Wintertouren
skiwandern mit viel erlebnis und wenig gefahren
Im Dezember 2013 waren Martin Hülle und ich in Lappland in der Polarnacht unterwegs, um den berühmtesten Wanderweg Schwedens, den Kungsleden, für spätere Touren zu testen.
Die Saison hier startet eigentlich erst Mitte Februar und so waren alle Hütten bis auf Winternoträume verschlossen. Auch das Tageslicht war sparsam, gerade mal 4 Stunden konnte man ohne Stirnlampe etwas sehen. Entsprechend einsam erlebten wir die phantastische Winterlandschaft und nur einmal begegneten uns andere Menschen – zwei Samen, die mit Schneemobilen eine kleine Herde Rentiere über den Tjekktja-Pass trieben.
Unsere lokalen Partner wiesen uns im Vorfeld deutlich auf die anspruchsvolle Unternehmung hin, denn Nordschweden im Winter ist nicht zu unterschätzen. Wir erlebten dann auch Temperaturen von bis zu minus 38,5 Grad. Um so überraschter waren wir am vorletzten Tag der Tour in der Kebnekaise Fjallstation. Wir hatten es uns bereits im Winterraum der Hütte gemütlich gemacht, als am Nachmittag eine Schwedin die Hütte betrat. Sie war am frühen Morgen von Nikkaluokta aus gestartet und die 20 Kilometer bis hierher ohne Ski oder Schneeschuhe zu Fuß gegangen. Auch wir hatten am Tag zuvor beim Abstieg von der Singi-Hütte auf den letzten zwei Kilometern schon mit wenig Schnee zu kämpfen gehabt, also musste weiter unten im Tal noch weniger liegen.
Die Schwedin erzählte uns, sie hätte meist die feste Spur eines Schneemobils genutzt und sei so gut bis zur Hütte gekommen. Dann packte sie ihren Rucksack aus… darunter einen klassischen Wasserkocher mit Stromkabel! Eine kleine, etwas undichte Thermoskanne etc. Wir staunten nicht schlecht, vor allem als sie uns dann erzählte, sie wolle morgen weitergehen über den Pass nach Singi und ob es dort auch Strom gäbe? Wir verneinten das und ebenso, dass es dort keine Heizung mehr hat und der Notraum durch einen Holzofen erwärmt werden muss… Ob sie in der Lage sei, einen Ofen anzuschüren? Ja, das wird schon gehen… Sie hatte einen eher dünnen Schlafsack dabei und würde das Feuer brauchen, um die Minusgrade in den Noträumen in angenehme Temperaturen zu verwandeln.
Im weiteren Gespräch stellte sich heraus, dass sie aus Südschweden kommt, einmal hier in dieser Hütte im Sommer gewesen war und auch sonst keine Erfahrung mit Wintertouren hatte. Wenn ich so zurückdenke, wie viele Jahre und Touren in Norwegen, Grönland, Island etc. es gebraucht hat, um sich wirklich als erfahren einzuschätzen – uns wurde ganz anders!
Leider sterben jedes Jahr zu viele Menschen in den rauen Wintern Skandinaviens, dweil sie sich nicht mit dem Thema Sicherheit auf Wintertouren auseinandersetzen. Es sind beileibe nicht nur Touristen, sondern auch Einheimische, die die Grundregeln für eine sichere Wintertour missachten und so den eisigen Tod finden.
Unsere Schwedin hatte kaum eine der Regeln befolgt. So war sie
-allein unterwegs
-völlig unerfahren
-nicht in der Lage, mit Kompass und Karte zu navigieren -> hatte beides auch nicht dabei!
-schlecht und völlig ungenügend ausgerüstet
-nicht informiert, nutzte also nicht die zur Verfügung stehenden Mittel (z.B. Internet, Wanderverein), um sich wertvolle Informationen über die Strecke, Hütten, Anforderungen im Vorfeld einzuholen.
Wer sich abseits des Massentourismus bewegt (und das gilt ganz besonders für Touren in einsame Winterregionen) braucht beste Erfahrung, Ausrüstung und perfekte Routenplanung. Gute Ausrüstung kostet Geld, penible Planung Arbeit und Erfahrung leider viel viel Zeit. Trotzdem kann natürlich auch ein Neueinsteiger auf Wintertour gehen. Entweder man testet sich dann gefahrlos in bewohnten Regionen auf kurzen Trips z.B. mit erst nur einer Übernachtung allmählich an die eigenen Grenzen heran. Wer wenig Erfahrung besitzt und trotzdem anspruchsvolle Routen in abgeschiedene Regionen gehen will, muss sich eben erfahrene Reisepartner suchen oder bei einem Reiseveranstalter wie Puretreks buchen.
Wir versuchten übrigens mit allen guten Argumenten, sie von der Weiterreise abzubringen. Wir erklärten ihr, in welche Schwierigkeiten sie kommen kann, vom Einbrechen durch nicht tragfähige Schneebrücken in eiskalte Bäche, bis hin zum hüfttief im Schnee Feststecken, wo 50 Meter Strecke eine halbe Tagesaufgabe sind… aber es war zwecklos! Mehr als ein Kopfschütteln und die Hoffnung, dass das alles gut gehen möge, blieb uns am Ende nicht übrig…
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